Die vorhandenen Hindernisse müssen zunächst vonseiten der Schule ernst genommen werden. Sie muss sich darum bemühen, die Position des Partners zu stärken, sei dies durch Einbeziehen von Dolmetscher:innen, Muttersprachenlehrer:innen oder anderen Mediator:innen.

 

Nach Möglichkeit sollten schon die ersten Kontakte bei der Schuleinschreibung bzw. später die Bring- und Abholzeit genutzt werden, um eine kooperative Beziehung anzubahnen (Tür- und Angelgespräche, bei sehr schlechten Deutschkenntnissen nonverbale Kommunikation, indem den Eltern z. B. Bilder oder Bastelarbeiten ihres Kindes gezeigt werden).

 

Manche MigrantInnen sind schüchtern, schämen sich ihrer schlechten Sprachbeherrschung oder sind unsicher, ob sie sich mit bestimmten Problemen (z. B. "unverständliche" Schreiben von Behörden, auszufüllende Formulare, finanzielle Belastungen) an die Lehrpersonen wenden "dürfen". Die Lehrer:innen sollten vor allem dann auf die Eltern zugehen, wenn diese zögerlich sind.

 

Wenn jedoch die Tür- und Angelgespräche oder die Deutschkenntnisse nicht ausreichen, sollte ein Besprechungstermin vereinbart werden (zu dem dann ein/e Dolmetscher:in organisiert werden kann).

 

Sehr aufschluss- und hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Selbstbeobachtung: Wie gehe ich mit Migrant:innen im Vergleich zu anderen Eltern um? Kann ich mich in ihre Lebenssituation hineinversetzen und auf ihre Gefühle eingehen? Kann ich ganz andere Werte, Normen, Geschlechtsrollenleitbilder und Erziehungsstile tolerieren? Es ist auch sinnvoll, immer wieder zu prüfen, ob man nicht einige Migranteneltern aufgrund der Verständigungsprobleme meidet.

 

Vor allem bei Beratungs- und Konfliktgesprächen muss der unterschiedliche kulturelle Hintergrund mitbedacht werden. Es kann sonst leicht zu Missverständnissen kommen. Viele MigrantInnen möchten z.B. anstehende Entscheidungen (bezüglich einer besonderen Förderung ihres Kindes u. Ä.) nicht sofort treffen, sondern erst ausführlich in der Familie darüber diskutieren. Viele Mütter, die alleine zu einem Gespräch gekommen sind, verfügen außerdem häufig über keine Entscheidungskompetenz.

 

Auch die Frage, wer die Übersetzung bei Beratungs- und Konfliktgesprächen übernimmt, muss sensibel geklärt werden. Die betroffenen Eltern lehnen es oft ab, dass andere Eltern dolmetschen, weil diese nicht von ihren Problemen erfahren sollen. Es muss auch in Betracht gezogen werden, dass zumeist eine "freie" Übersetzung erfolgt. Wenn der Dolmetscher/die Dolmetscherin zudem nur mangelhafte Deutschkenntnisse besitzt, kann es zu Missverständnissen kommen.

 

Auch Kinder sollten nicht als Dolmetscher:innen herangezogen werden, wenn es darum geht, wichtige Dinge zu klären, da sie mit einer angemessenen Übersetzung überfordert sind.

Unterstützung kann durch kompetente Dolmetscher:innen erfolgen (-> Unterricht -> Dolmetscher:innenpool).

 

Grundsätzlich nehmen Eltern Anregungen der Lehrperson hinsichtlich der Erziehung und Bildung ihres Kindes eher an, wenn sie feststellen, dass diese ein positives Bild von ihrem Kind hat und die Aufmerksamkeit nicht so sehr auf vorhandene Defizite (z. B. mangelnde Deutschkenntnisse) gerichtet wird, sondern auf Kompetenzen (z. B. Mehrsprachigkeit, Leben in zwei Kulturen, Bewältigung der Migration usw.).

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt konstruktiver Elternarbeit ist, dass Klischees und Vorurteile über die fremden Kulturen beiseitegelegt werden, damit ein offener und kreativer Umgang mit den bestehenden Unterschieden überhaupt möglich wird.

 

Wenn eine durch Vertrauen und Offenheit gekennzeichnete Partnerschaft entstanden ist, bitten Migrant:innen mitunter auch von sich aus um Gesprächstermine (Erziehungsschwierigkeiten, Integrationsprobleme …).

 

Die Lehrer:innen können verständlicherweise nur begrenzt Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Unterstützung anbieten. In vielen Fällen müssen sie die Eltern an entsprechende Behörden, Beratungsstellen und andere psychosoziale Dienste weitervermitteln.

Dabei darf natürlich nicht der Eindruck entstehen, dass die Familien quasi dorthin "abgeschoben" werden.

 

Insbesondere bei einem hohen Migrantenanteil ist es von Vorteil, wenn sich die Schule mit außerschulischen Institutionen wie Behörden, Migrationsdiensten, Kulturvereinen usw. vernetzt, um schnell und unbürokratisch Unterstützung für die Eltern organisieren zu können. (-> Links -> Beratungs- und Bildungsangeborte für Migrant:innen)

 

 

Was sollte man über Eltern mit Migrationshintergrund wissen?

 Migrant:innen sind keine homogene Gruppe

Herkunftsländer und deren Schulsysteme

Familienstruktur; soziales Umfeld

Kulturelle Traditionen, Religion, Werte

Erziehungsstil

Aufenthaltsdauer, Aufenthaltsstatus

Einstellung zur Schule und zur Mehrsprachigkeit

Integrationswille; Deutschkenntnisse

Ressourcen der Eltern

Interessen, Bedürfnisse, Unsicherheiten, Ängste, Misstrauen in Bezug auf die Schule

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Verwendete Literatur (Unterrubriken):

GRAMMEL, E.: Elternarbeit – Workshop im Rahmen des bundesweiten PH-Seminars „Interkulturalität und Mehrsprachigkeit in der schulischen Praxis“. Wels 2010

RUEGG, S. (Hrsg.): Elternarbeit in der Schule. Erwartungen, Probleme und Chancen. Haupt Verlag: Bern 2001

SCHLÖSSER, E.: Zusammenarbeit mit Eltern - interkulturell. Informationen und Methoden zur Kooperation mit deutschen und zugewanderten Eltern in Kindergarten, Grundschule und Familienbildung. Ökotopia Verlag: Münster 2004

STEINDL, M.: Interkulturelles Lernen – Interkulturelle Pädagogik. Wien 2005

www.e-lisa-academy.at/?logout=1&cid=9513 10.07.2010

TEXTOR, M.: Elternarbeit mit MigrantInnen (o.J.)

www.kindergartenpaedagogik.de/1438.html 12.07.2010

TRÜB, R.: Bildung beginnt im Elternhaus. Die Bedeutung der Elternarbeit für die Integration. In: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Heft 2. Schneider Verlag: Nürnberg 2009